Artikelbild Markus Mattersberger, MMSc MBA, Präsident Lebenswelt Heim Bundesverband

von Gabriele Tupy

Vom 28. bis 30. September findet im Austria Center Vienna der 17. Österreichische Kongress für Führungskräfte in der Altenarbeit und der Kongress des European Ageing Networks statt. Was steckt hinter der Idee, einen gemeinsamen Kongress zu veranstalten?
Markus Mattersberger: Es ist nicht der erste Kongress, den der Lebenswelt Heim – Bundesverband gemeinsam mit seinem europäischen Dachverband ausrichtet. Ebenso wie der Bundesverband jeweils die Ausrichtung seiner Kongresse an einen seiner Landesverbände überträgt, erfolgt der europäische Kongress immer in Kooperation mit einem nationalen Dachverband. Dabei sollen die Arbeit und die Akteure des europäischen Dachverbandes etwas näher an die Führungskräfte heranrücken und zu einem Ideen- und Interessensaustausch führen. Wir sind sehr stolz, die beiden Kongresse des Bundesverbandes Lebenswelt Heim und des European Ageing Network diesmal als gemeinsamen Führungskräftekongress CARE 4.0 – change in competence ausrichten zu dürfen!

Weshalb sollte man bei diesem Kongress auf jeden Fall dabei sein? Verraten Sie uns ein paar Highlights?
Markus Mattersberger: Einerseits wird dies der erste Kongress nach einer langen Durststrecke der Pandemie-Zeit, den wir den Führungskräften wieder anbieten können. Er soll ihnen helfen, ihre Batterien aufzuladen – dabei stehen die Vernetzung und der gemeinsame Austausch im Mittelpunkt. Die Führungskräftekongresse waren immer schon zentrale Punkte im Jahreskalender – diesmal wird das Bedürfnis nach Austausch und einem Wiedersehen face to face wohl besonders groß sein.
Andererseits versuchen wir bei diesem Kongress die beiden unterschiedlichen Kongressdesigns gut und abwechslungsreich zusammenzufügen. So gibt es neben mehreren tollen Keynotes und Diskussionsrunden vier Schwerpunkte, denen wir uns in eigens dafür gestalteten NetLabs widmen werden. Die Schwerpunkte: Care, Leadership & Management, Digitalization und Sustainable Systems. Im Wechselspiel zwischen den Aktivitäten im Hauptsaal (Keynotes, Diskussionen,…) haben die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, sich den Themenschwerpunkten in den NetLabs zu widmen, die parallel zueinander stattfinden.

Als eines der Highlights ist wiederum der Galaabend zu sehen, der diesmal im Festsaal des Rathauses Wien stattfinden wird – Vernetzung im festlichen Rahmen! Ein herzlicher Dank an diese Stelle an die Stadt Wien!

Worauf freuen Sie sich persönlich ganz besonders, wenn Sie an den Kongress denken?
Markus Mattersberger: Zunächst hoffe ich und bin ich zugleich zuversichtlich, dass es uns in Hinblick auf die Entwicklung der Pandemie möglich sein wird, diesen Kongress der Begegnung und Vernetzung umsetzen zu können. Gerade dieses Wiedersehen und die Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen aus ganz Österreich und darüber hinaus, ist es, worauf ich mich besonders freue! Dabei ist es mir nicht nur eine Freude, unsere Führungskräfte aus Österreich, sondern auch aus vielen europäischen Staaten nach Wien einzuladen – eine wundervolle Stadt und ich bin sehr dankbar, dass wir diesen Kongress hier ausrichten dürfen!

Ende letzten Jahres hat der damalige Sozialminister Interessensvertreter*innen aus der Pflege die Zusage gemacht, dass bald ein ‚Runder Tisch‘ zur Pflege bez. der Prozess zur Pflegereform starten soll. Nun hat Österreich einen neuen Sozialminister. Sind Sie mit Minister Johannes Rauch schon in Kontakt? Wie geht es weiter?
Markus Mattersberger: Dieser „Runde Tisch“, wenn man dieses Setting denn so bezeichnen möchte, hat bereits Ende November stattgefunden. Dabei wurden der Bundesverband als Teil der MotivAllianzPflege zu einem gemeinsamen Gespräch geladen und der Weg Richtung Pflegereform skizziert. Wie wir ja wissen, haben wir nun mit Johannes Rauch einen neuen Minister, der hoffentlich den eingeschlagenen Weg Richtung Pflegereform zügig und konsequent weitergehen wird. Unsererseits hat es diesbezüglich selbstverständlich bereits eine Kontaktaufnahme gegeben, wenngleich ein persönlicher Termin noch aussteht. Hinsichtlich der Pflegereform scheint es so zu sein, als ob diese Agenda in den Händen der Generalsekretärin Mag.a Stilling bleiben würde. Ich würde das sehr begrüßen, denn nicht nur, dass ich GS Stilling als konsequente Kraft wahrnehme, muss es auch vermieden werden, dass die Kontinuität einer Pflegereform bei jedem Ministerwechsel in Mitleidenschaft gezogen wird. Ich möchte nicht den Teufel an die Wand malen und wünsche BM Rauch viel Energie und Durchhaltevermögen, aber ich sehe durchaus die Herausforderungen, Arbeitspakete und Belastungen mit denen ein/e Minister*in in diesem Bereich befasst ist – insofern mag es nicht verwundern, dass ich mit Bundesminister Rauch bereits dem siebten Minister im Rahmen meiner nunmehr achtjährigen Präsidentschaft gegenübertrete.

Welche Erwartungshaltung in Richtung Pflegereform haben Sie an Minister Johannes Rauch?
Markus Mattersberger: Wie bereits ausgeführt, muss die Pflegereform umgehend auf Schiene gebracht werden. Wir stehen da, und so ehrlich muss man sein, ja noch ganz am Anfang und es erschließt sich mir noch nicht wirklich, in welche Richtung sich das entwickeln wird. Tatsächlich sind wir ja schon um Jahre zu spät dran, denn wir verzeichnen bereits jetzt einen eklatanten Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal in allen Settings. Um auch das Positive zu sehen: noch nie war die Notwendigkeit aber ebenso die damit verbundene Chance so groß wie jetzt, eine substantielle Reform umzusetzen. Substantiell bedeutet dabei, dass – und ich wiederhole mich dabei gerne – es zu kurz gedacht ist, lediglich das Pflegesystem zu reformieren. Um eine gutes, nachhaltiges und auch finanzierbares System für uns alle aufbauen zu können, muss das gesamte Gesundheits- und Pflegesystems neu gedacht werden.

Die Pandemie hält uns (nicht nur) in Österreichs Alten- und Pflegeheimen weiterhin in Atem und erschwert die Personalsituation nochmals. Es sieht im Moment nicht danach aus, als ob die Pandemie in den nächsten Monaten beendet sein würde. Was erwarten Sie mit Blick auf die Pandemie von der Bundesregierung?
Markus Mattersberger: Einerseits erwarte ich weiterhin das Bewusstsein im Ministerium für die Belastungen und Herausforderungen in den Alten- und Pflegeheimen. Dazu ist es erforderlich, dass die Maßnahmen und Verordnungen, die seitens des Ministeriums gesetzt werden, auch auf die und mit den Einrichtungen abgestimmt sind. Aktuell kann hier die Thematik der bevorstehenden Teststrategie genannt werden – anzudenken, dass die geforderten Tests von Besucher*innen den Pflegeheimen überantwortet werden, belastet diese zusätzlich und ist mit den ohnehin stark geforderten Mitarbeiter*innen nicht umsetzbar. Hier bedarf es begleitender Maßnahmen bzw. Strukturen, um für die Bewohner*innen die Besuche zu ermöglichen, dabei aber nicht die Strukturen der Pflegeheime über ihre Belastungsgrenzen zu bringen.

Andererseits ist die mitunter schwer nachvollziehbare Strategie in der Pandemiebekämpfung auch für die Pflegeheime höchst irritierend. Diese dann umzusetzen und dabei immer wieder auch mit dem Unverständnis von Besucher*innen wegen der zu treffenden Maßnahmen konfrontiert zu sein, erschwert die Situation nochmals. Es bleibt zu hoffen, dass ehestmöglich Entspannung eintritt und wir eine – wenn auch neue – Normalität leben können.

Durch welche konkreten Sofort-Maßnahmen könnte aus Ihrer Sicht der aktuelle Pflegenotstand vorerst zumindest eingedämmt werden?
Markus Mattersberger: Dazu sollten u. a. die Anerkennungsverfahren für Arbeitskräfte aus dem Ausland optimiert werden. Zudem müssten unbedingt Personen angesprochen werden, welche aus verschiedenen Gründen aus den Pflege- und Betreuungsberufen ausgeschieden sind - diesen gilt es attraktive Angebote zu machen. Aber es geht aktuell nicht mehr nur darum, mit entsprechenden Maßnahmen Menschen in die Pflege- und Betreuungsberufe zu bringen, sondern wir müssen auch alles Erdenkliche tun, um jene zu halten und zu entlasten, die momentan in den verschiedenen Settings diese wertvollen Aufgaben leisten und in den vergangenen zwei Jahren das System aufrechterhalten haben. Sie alle brauchen neben konkreten Maßnahmen auch die Perspektive, dass in absehbarer Zeit substantielle Verbesserungen geben wird.  

Habe ich etwas noch nicht gefragt, das Sie unseren Leser*innen gerne sagen würden? Was?
Markus Mattersberger: Ich denke, die wesentlichsten Themen wurden angeschnitten – vielen Dank dafür! Abschließend erlauben Sie mir auch noch einen innigen Dank an die Führungskräfte und Mitarbeiter*innen der Alten- und Pflegeheime, die in den vergangenen zwei Jahren eine enorme Leistung nicht nur für die älteren Menschen in den Einrichtungen, sondern auch für uns als Gesellschaft erbracht haben! Ich darf Ihnen versprechen, wir werden als Bundesverband Lebenswelt Heim weiterhin alles Mögliche unternehmen, um Sie und die Anliegen Ihrer Bewohner*innen bestmöglich zu vertreten. Vielleicht schaffen Sie es, sich im Rahmen unseres Kongresses eine kleine Auszeit zu verschaffen – ich würde mich sehr freuen, Sie zum Führungskräftekongress CARE 4.0 begrüßen zu dürfen!

Lebenswelt Heim Bundesverband
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Gabriele Tupy
imzusammenspiel kommunikationsmanagement
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