Gespräch zur Pflegereform mit Bundesminister Mückstein verlief konstruktiv, wichtige kurzfristige Maßnahmen fehlen jedoch, sagen Pflegeorganisationen und Sozialpartner.
Am 26. November 2021, lud Bundesminister Mückstein jene Organisationen zu einem ‚Runden Tisch‘, die vor dem Sommer in einem ‚Offenen Brief‘ mit Nachdruck den Fortgang der Pflegereform eingefordert hatten. Der Fokus lag dabei klar auf dem eklatanten Personalmangel und dessen verheerenden Auswirkungen auf die Versorgungslage. Unterfertigt wurde das Schreiben von Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz, Volkshilfe, Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen, Lebenswelt Heim - Bundesverband, Sozialwirtschaft Österreich (Arbeitgeberverband), Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband, Arbeiterkammer Wien, Gesundheitsgewerkschaft (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst) und Österreichischer Gewerkschaftsbund (ARGE Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe).
Fahrplan und Zielsteuerung zur Pflegereform präsentiert
Das Gespräch beim heutigen Runden Tisch sei konstruktiv verlaufen, berichten die Teilnehmer*innen, ein Fahrplan für die Pflegereform beginnend mit Jänner 2022 wurde präsentiert.
Man begrüße seitens der Organisationen ausdrücklich, dass die Zielsteuerung für die Pflegereform nun im Jänner 2022 ihre Arbeit aufnehmen soll. Ausdrücklich betonte BM Mückstein, dass in den geplanten Arbeitsgruppen die fachliche Einbindung der Stakeholder und Organisationen erfolgen wird. Benannt wurden Arbeitsgruppen für die Bereiche Personal, Finanzierung, Qualitätssicherung und Daten.
Das Vorhaben des Sozialministers, mit einem Ausbildungsfonds für Pflegeberufe erste Abhilfe zu schaffen, wird ebenso begrüßt. Diese Maßnahme ersetze aber nicht dringend notwendige, weitere Sofortmaßnahmen, um die Versorgungssicherheit jetzt sicherzustellen. Auch benötigen Mitarbeiter*innen der Pflege und Betreuung dringend Perspektiven, dass die lange versprochene Pflegereform nun endlich kommt. Dafür wurde die Einrichtung einer eigenen Arbeitsgruppe gefordert, um möglichst schnell Entlastungspakete für die derzeit enorm geforderten Pflege- und Betreuungspersonen zu schaffen: dazu zählen insbesondere eine umfassende Personaloffensive, kostenlose Ausbildungen, ein Gehalt während der Ausbildung, die Durchlässigkeit der Ausbildungen, die Anpassung der Personalschlüssel, die Ausbildung von entsprechendem Lehrpersonal, die Anpassung des Pflegegeldes uvm.
Die Ergebnisse des breiten Beteiligungsprozesseses unter Vorgänger Rudi Anschober, die im Bericht der „Task Force Pflege“ ihren Niederschlag gefunden haben, sollen als Basis für die Arbeitsgruppen herangezogen werden, aber in den Arbeitsgruppen zu einer nach Prioritäten geordneten und politisch bewerteten Agenda kommen.
Die großen Expertenorganisationen werden sich selbstverständlich gerne einbringen. Eine große Verantwortung wird insbesondere auch der angekündigten Zielsteuerung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zukommen, weil es laut Aussage der Organisationen „unmöglich“ wäre, „die notwendige Kraft auf die Straße zu bringen“, wenn hier kein abgestimmtes Vorgehen vereinbart werden könne. Die Kompetenzverschneidungen zwischen den Gebietskörperschaften seien bei allen Kernthemen der Pflegereform hoch relevant, sei es nun die Finanzierung, die Weiterentwicklung der Versorgungslandschaft oder dem, laut Einschätzung der Pflegeorganisationen, unabdingbaren „Herzstück“ der Pflegereform, nämlich einer wirksamen Personaloffensive samt Ausbildungsreform.
Was passiert nach dem ‚Runden Tisch‘?
Angesichts des massiven Drucks, der auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Pflege laste, aber auch der unverantwortlichen Auswirkungen des Personalmangels auf die Versorgungslage, wäre ein weiterer Aufschub der unumgänglichen Reformmaßnahmen nicht akzeptabel gewesen, so die Vertreter*innen des Bündnisses. Die unbedingte Notwendigkeit, umgehend wirksame Maßnahmen gegen den Personalmangel in die Wege zu leiten, haben die Organisationen bereits im Sommer bewogen, den ‚Offenen Brief‘ zu verfassen. Man habe darin klar zum Ausdruck gebracht, dass man sich nicht weiter vertrösten lasse. Bund und Länder müssten endlich ihre Verantwortung wahrnehmen, um Österreichs Pflegesystem in eine tragfähige Zukunft zu führen. Der nun vorgestellte Prozess muss jetzt tatsächlich halten und zu Ergebnissen führen, die für die Mitarbeiter*innen spürbare Verbesserungen liefern.