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von Markus Mattersberger

Liebe Leserinnen und Leser!

Seit nunmehr einem Jahr sind wir als Gesellschaft mit der COVID-19-Pandemie befasst und dies hat massive Veränderungen in unser tägliches Leben gebracht. Massiv hat sich die Pandemie auch in unseren Alters- und Pflegeheimen ausgewirkt, wenngleich sich sowohl MitarbeiterInnen und Führungskräfte beherzt und mit viel Praxiskompetenz, Leistungsvermögen und Engagement dem entgegengestellt und die Bewohnerinnen und Bewohner betreut und begleitet haben!

Inzwischen ist der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner und auch ein sehr großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegeeinrichtungen in den Genuss einer COVID-19-Schutzimpfung gekommen. Und dies zeigt Wirkung: die Anzahl an Infektionen in den Pflegeheimen ist auf einem sehr niedrigen Stand und das Infektionsgeschehen scheint nunmehr auch entkoppelt zu sein, von jenem in der restlichen Gesellschaft! Die Strategie des Bundesministeriums, die primäre Risikogruppe der hochaltrigen Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeeinrichtungen und deren Betreuungspersonal vorrangig mit Impfstoff zu versorgen, hat sich bezahlt gemacht!

Mit der Impfung ist für viele Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch deren Angehörigen, der Wunsch und die Sehnsucht nach mehr Begegnung verbunden. Dieses Anliegen ist nachvollziehbar und dem sollte nun auch entsprochen werden können, auch wenn noch Fragen offen sind und ein Restrisiko nie gänzlich ausgeschlossen werden kann. Insbesondere die Frage, inwieweit durch die Impfung auch ein Schutz gegen die sich immer weiter ausbreitenden Mutationen gegeben ist, bleibt vorerst unbeantwortet?  Diese Fragen und die damit verbundene Vorsicht sind durchaus berechtigt. Vor allem aus der Perspektive unserer Bewohnerinnen und Bewohner ist es aber wohl nicht mehr angezeigt, eine Nutzen-Risiko-Abwägung ausschließlich auf einer medizinischen Einschätzung aufzubauen. Für sie stehen zunehmend andere Aspekte im Vordergrund – der Wunsch nach Begegnung nach einer sehr entbehrungsreichen Zeit, Zeit für Gespräche, Zeit mit der Familie,... Ich bin mir sicher, die älteren Menschen haben da einen sehr klaren Blick auf ihre Situation und die Zeit, die ihnen noch verbleibt. Insofern sollten vermehrt soziale, ethische, psychologische Aspekte berücksichtigt werden und in den Vordergrund rücken und politische Vorgaben weitere Öffnungsschritte in den Pflegeeinrichtungen ermöglichen.

Gott sei Dank nicht ganz aus dem Fokus der politischen Aufmerksamkeit gerückt, ist das immer dringlichere Thema der Pflegereform. So hat inzwischen Bundesminister Anschober den Bericht zur Taskforce Pflege präsentiert – eine Ideensammlung von wichtigen Zielen und Maßnahmen. Doch wie der Name „Pflegereform“ schon ausdrückt, brauchen wir dringend eine tatsächliche Reform, also eine umfassende Weiterentwicklung und Verbesserung der Systeme, um den bereits bekannten Entwicklungen der kommenden Jahre annähernd gut gerüstet begegnen zu können – Stichwort: demografische Entwicklung! Dabei ist die Ausgangslage in Österreich aus mehreren Perspektiven nicht wirklich eine gute. So liegt Österreich nach einem aktuellen Bericht der OECD  bezogen auf die Anzahl an Arbeitskräften in der Langzeitpflege weit hinter den führenden Staaten, ja – sogar unter dem Schnitt der OECD-Staaten. Hingegen rangiert Österreich im Spitzenfeld, wenn es um die Belastungen und arbeitsbedingten Gesundheitsprobleme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Langzeitpflege geht. Nichts wirklich Neues und daher umso bedenklicher, wenn man weiß, dass Österreich nicht nur zu den reichsten Staaten, sondern auch zu jenen mit den höchsten Gesundheitsausgaben aller europäischen Staaten zählt! Wo diese Gelder hinfließen? Das ist eine andere Geschichte, jedenfalls spielen die Pflege- und Betreuungssysteme für unsere älteren Menschen dabei offensichtlich eine sehr untergeordnete Rolle! Aber um positiv zu bleiben: Bundesminister Anschober hat die Pflegereform eingeleitet und sie läuft! Ich wünsche ihm und uns, dass er genügend Weitblick, Durchsetzungskraft und Unterstützung hat, um das umzusetzen, was erforderlich ist!

Herzlichst!
Markus Mattersberger


Markus Mattersberger, MMSc MBA
Präsident Lebensweltheim Bundesverband
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