Artikelbild Mag. Elisabeth Potzmann, neue Präsidentin des ÖGKV

 von Gabriele Tupy

Lebenswelt Heim: Frau Mag. Potzmann, am 11. Juli wurden Sie zur neuen ÖGKV-Präsidentin gewählt. Was freut Sie besonders daran?

Mag. Elisabeth Potzmann: Während Corona hatte ich, wie wir alle, alle Hände voll zu tun. Die bevorstehende Wahl rückte in den Hintergrund. Deshalb war ich am 11.7. vom Ergebnis doch überrascht, vor allem vom Grad der Zustimmung. Mich freut besonders, dass ich nun in einer Position bin, in der ich die Pflegethemen aktiv mitgestalten kann. Das wird nicht immer einfach sein, aber ich bin optimistisch, dass wir die Aufmerksamkeit, welche der Pflege im Moment zuteilwird, für uns nützen können.

Lebenswelt Heim: Ein europäischer Manager, Unternehmensberater und Literat formulierte einmal „Mit Träumen beginnt die Realität“. Welche Träume haben Sie für die Pflege?

Mag. Elisabeth Potzmann: Da möchte ich noch mit Hesse ergänzen, der in einem Gedicht schreibt, dass jede Wirklichkeit den Traum vernichtet. Ich bin keine Träumerin, wohl aber Optimistin. Als solche bin ich davon überzeugt, dass den Pflegenden zunehmend ihre Bedeutung im Gesundheitssystem bewußt wird und sie demgemäß handeln. Im Interesse der Bewohner*innen und Patient*innen, aber auch in ihrem eigenen Interesse. Pflegende vergessen mitunter auf sich selbst und spüren das erst, wenn die Belastung weit fortgeschritten ist. Wenn ich einen Traum habe dann jenen, dass Pflegende aktiv einfordern ihre Kompetenzen anzuerkennen und ihre Grenzen akzeptieren. Dabei möchte ich sie während meiner Amtszeit unterstützen.

Lebenswelt Heim: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen der nächsten Jahre, die sich für Sie als ÖGKV-Präsidentin und den Bundesvorstand stellen werden? Und im Sinne einer Lösungsorientierung – was könnten erste Schritte sein und was braucht es dafür?

Mag. Elisabeth Potzmann: Fast das gesamte Präsidium wurde neu besetzt. Somit ist klar, dass die Themen zwar auf dem Tisch liegen, aber die Art der Umsetzung noch einiger Überlegungen und gemeinsamer Anstrengung bedarf. Ich schätze mich sehr glücklich mit so vielen Ideen und so viel positiver Energie seitens meiner Mitstreiter*innen umgeben zu sein. Eine große Stärke der Pflegenden, welche auch von Nicht-Pflegepersonen sehr geschätzt wird, ist die Ziel- und Ergebnisorientierung im Tun. Diese Stärke werden wir einbringen, wo es uns möglich ist.

Lebenswelt Heim: Sie bezeichnen sich als „resiliente Ressourcenförderin“. Wann könnte das besonders wertvoll werden für Ihren neuen Aufgabenbereich?

Mag. Elisabeth Potzmann: Sie kennen meinen LinkedIn Account. Das freut mich, wenngleich ich im Moment nicht sehr aktiv bin. Dieser Ausdruck bezieht sich auf meinen Beruf als Lehrende, den ich ja im Moment nicht ausübe. Aber man kann diesen Begriff auf eine Metaebene heben und die Pflege als Ressource im Gesundheitssystem und der Gesellschaft allgemein definieren. Dann passt er auch zu meiner derzeitigen Tätigkeit. Meine Resilienz ist meiner Sozialisation geschuldet – beruflich wie privat. Ich bin ziemlich sicher, dass ich diese in künftigen politischen Diskussionen gut gebrauchen kann.

Lebenswelt Heim: Ich darf Sie zitieren: „Unter meiner Präsidentschaft will ich der professionellen Pflege jene Aufmerksamkeit und Wertschätzung zukommen lassen, welche ihr meiner Meinung nach zusteht“. Woran wird man das festmachen können? Wird es Initiativen geben, um dieses Bild auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern? Und falls ja, gibt es erste Überlegungen dazu?  

Mag. Elisabeth Potzmann: Darüber mache ich mir seit vielen Jahren Gedanken und führte mit Kolleg*innen viele Gespräche. Ich habe diesbezüglich bereits in der Vergangenheit Initiativen gesetzt, etwa FachkompetenzBrauchtAuszeichnung im Wiener Krankenanstaltenverbund. Derzeit wird kontrovers diskutiert, ob klatschen am Balkon Wertschätzung ausdrückt, oder doch nur die Hoffnung, Pflegende möchten bitte durchhalten, weil es sonst eng wird. Um hier mehr Klarheit zu schaffen holte der ÖGKV in den letzten Wochen ein Stimmungsbild ein. Diese Aktion mittels Online Fragebogen lief bis zum 5.9.2020. Die Resonanz war schon in den ersten Tagen weit über meinen Erwartungen. Ich bin schon sehr auf die Ergebnisse der Auswertung gespannt.

Lebenswelt Heim: Österreich steht vor der lang erhofften Pflegereform. Mitte Juli bis Mitte August gab es die Möglichkeit, sich am digitalen Beteiligungsprozess zum Thema Pflegereform des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu beteiligen. Sie sagten, der ÖGKV werde auch als Organisation seine Stellungnahme, in Absprache mit den ÖGKV Gremien, abgeben. Was sind die wesentlichen Eckpunkte Ihrer Stellungnahme?

Mag. Elisabeth Potzmann: Diese Initiative finden wir gut und wir haben sie deshalb selbstverständlich unterstützt. In aller Kürze zwei Eckpunkte: Wir unterstützen die geplante Implementierung der Community Nurse und fordern darüber hinaus die School Nurse. Dies deshalb, weil erstere zu einer Verbesserung der Versorgung im extramuralen Setting beiträgt. Die kürzlich präsentierte WIFO Studie belegt, was viele Arbeiten aus der Pflegewissenschaft bereits thematisiert haben. Wir spüren das ja alle, auch außerhalb unserer beruflichen Lebenswelt: Es gibt Versorgungslücken und großen Informationsmangel. Die Pflege kann hier helfen, wenn man sie lässt. Die Schulgesundheitspflege ist unser Beitrag zu einer gesünderen Gesellschaft. Hier kann die Pflege ihre Stärke in der Gesundheitsförderung und Prävention leben und Kinder, Eltern und Lehrer*innen im Umgang mit chronischen Krankheiten unterstützen.

Lebenswelt Heim: Wenn Sie einmal am Ende Ihrer ÖGKV-Präsidentschaft stehen, wie soll sich die Pflegelandschaft durch Ihr Wirken verändert haben? Woran werden Sie erkennen, dass Sie erfolgreich waren?

Mag. Elisabeth Potzmann: Wenn Pflege in der Gesellschaft hohes Ansehen genießt, es deshalb keinen Personalmangel in der Pflege gibt und die Ausbildungsstätten lange Wartelisten haben.

Lebenswelt Heim: Abschließend: Jeder Mensch trifft seine Entscheidungen nach bestimmten, persönlichen Werten, Haltungen, Ideen oder Idealen. Was sind Ihre persönlichen Leitsätze, an denen Sie sich orientieren?

Mag. Elisabeth Potzmann: Da gibt es natürlich viele Glaubenssätze, welche mich prägen. Leitend für mein Handeln ist, das Gesamtinteresse im Blick zu haben. Da gäbe es natürlich noch viel mehr, das würde aber zu weit führen. Einen Spruch, dessen Urheber*in ich leider nicht nennen kann, möchte ich in diesem Zusammenhang noch anführen, weil er gerade in Österreich so gut passt: Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe.

Lebenswelt Heim: Habe ich etwas nicht gefragt, das Sie noch gerne sagen möchten?

Mag. Elisabeth Potzmann: Ich möchte mich für dieses Interview bedanken. Diese Aufmerksamkeit ist auch Teil der Wertschätzung gegenüber den Interessen Pflegender.

Lebenswelt Heim: Herzlichen Dank und meine besten Wünsche für die nächsten Jahre als ÖGKV-Präsidentin!

 

Gabriele Tupy
imzusammenspiel kommunikationsmanagement
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