Artikelbild Grüne Wände für vier Pflege- und Betreuungszentren in Niederösterreich

von Gabriele Tupy

Die NÖ Pflege- und Betreuungszentren Tulln, Stockerau, St. Pölten und Wolkersdorf bekommen grüne Wände.

Das wirkt sich kühlend auf‘s Mikroklima aus und macht die heißen Sommermonate für die BewohnerInnen und MitarbeiterInnen erträglicher.

Grüne Wände und Dächer sind ein Segen – nicht nur für uns Menschen, auch für das Klima, die Artenvielfalt und das Gebäude.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels braucht es neue Wege und Lösungsansätze der Hitze entgegenzuwirken. Denn die steigende sommerliche Hitze führt zu Beeinträchtigungen der Lebensqualität und des Wohlbefindens der Bevölkerung, bis hin zu gesundheitlichen Folgen - vor allem bei hochaltrigen Menschen.
Besonders urbane Gebiete heizen sich durch Beton, Asphalt und Glas stark auf. In diesen Hitzeinseln schaffen Begrünungen als naturnahe Klimaanlagen Abhilfe. Sie beeinflussen das Mikroklima maßgeblich und senken die gefühlte Temperatur signifikant. Deshalb wurde das Projekt „Green: Cool & Care“ ins Leben gerufen. In den NÖ Pflege- und Betreuungszentren Tulln, Stockerau, St. Pölten und Wolkersdorf werden jetzt umfassende Begrünungen umgesetzt.

Projekt „GREEN: Cool & Care“
Das von der TU Wien unter Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Azra Korjenic geleitete Projekt „GREEN: Cool & Care“ beschäftigt sich mit innovativen Begrünungslösungen und zeigt Wege zu einer Optimierung von mikroklimawirksamen Maßnahmen und Handlungsfelder für die Wohn- und Pflegeheime von Morgen auf. Dabei werden Begrünungen in Abstimmung mit den Bedürfnissen, Wünschen und Anforderungen der Personen, die in den Pflege- und Betreuungszentren wohnen und tätig sind, erarbeitet und etabliert. „Es ist ein Leuchtturmprojekt für das Zusammenspiel von technischen mit sozialen Innovationen“, freut sich Prof. Azra Korjenic. Der Begrünungsprozess wird wissenschaftlich begleitet, sowohl von technischer als auch von sozial- und pflegewissenschaftlicher Seite. Besonderes Augenmerk liegt auf der inter- und transdisziplinären Zusammenarbeit von Bauphysik, Bauökologie, Landschaftsplanung, Vegetationstechnik, Sozial- und Pflegewissenschaften sowie den Personen aus den jeweiligen Pflegezentren.

Das Forschungsprojekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „Smart Cities Demo – Living Urban Innovation 2018“ durchgeführt.“ Das Land NÖ, vertreten durch die Abteilung Landeskliniken und Landesbetreuungszentren beim Amt der NÖ Landesregierung, unterstützt das Projekt finanziell. Die Umsetzung erfolgt in den vier NÖ Pflege- und Betreuungszentren Tulln, Stockerau, St. Pölten und Wolkersdorf.

Im Pflege- und Betreuungszentrum Tulln wurden die ersten Begrünungsmaßnahmen erfolgreich abgeschlossen: Die vertikale Begrünung im Bereich der Cafeteria ist mit Grünpflanzen besetzt und erste positive Rückmeldungen der BewohnerInnen im direkten Gespräch machen Freude. Auch im Innenbereich entstehen im Rahmen des Projekts vertikale Begrünungen sowohl feststehend im Eingangsbereich als auch in Form einer mobilen Wand für alle Bereiche des Pflege- und Betreuungszentrums. Die geplante Begrünung der Dachterrasse stellt den zweiten wesentlichen Teil im Außenbereich dar. Diese wird am Ende des Sommers installiert, da dann die klimatischen Voraussetzungen einen optimalen Start für die Pflanzen begünstigen.

Fassade und Kletterpflanzen
Vertikal zu begrünen ist sehr zu empfehlen, vorausgesetzt man setzt auf die richtige Pflanzenart. Zirka 30 Arten kommen infrage, von anderen sollte man Abstand nehmen. Man unterscheidet zwischen boden- und wandgebundener Begrünung. Die richtige Wahl der Pflanzen ist entscheidend – damit der Bewuchs mit einer Kletterpflanze und ihr Schutz vor Witterungseinflüssen auch für das Gebäude eine Lebensdauerverlängerung bedeutet.

Greening UP!
Nachhaltige Grünpflege, Wartung und Instandhaltung von vertikalen Begrünungen
Vertikale Gebäudebegrünungen werden im städtischen Bereich immer häufiger eingesetzt und erhöhen nachweislich das Wohlbefinden der Menschen im direkten Wohn- und Arbeitsumfeld. Die Pflege vertikaler Begrünungen erfährt jedoch oftmals nicht die notwendige Bedeutung. Aufbauend auf umfassenden Erhebungen und Analysen von bestehenden vertikalen Gebäudebegrünungen in Außenräumen (boden- und systemgebundene Fassadenbegrünungen) und vertikalen Innenraumbegrünungen werden unter dem Titel „greening UP“ daher auch passgenaue Grünpflege-, Wartungs- und Instandhaltungskonzepte erarbeitet und rechtliche Aspekte erörtert. Das im Projekt generierte Wissen wird mithilfe des „greening-UP!“-Wissenspools für BesitzerInnen, BetreiberInnen und NutzerInnen von Begrünungssystemen verfügbar gemacht und durch die Konzeption eines digitalen Tools zur „Ersten Grünen Hilfe“ aufbereitet. Ziel des Projekts ist es, anhand von Best-Practice-Beispielen eine Grundlage zu schaffen, um vertikale Begrünungen langfristig intakt zu halten und infolgedessen großflächige, innovative vertikale Begrünungsvorhaben in den Städten der Zukunft zu ermöglichen.
Das Projekt greenig UP! wird im Rahmen des Programmes „Stadt der Zukunft – 5. Ausschreibung“ gefördert.

Weshalb Fassaden-, Wand-, Innenraum- und Freiraumbegrünungen für Alten- und Pflegeheime so interessant sind

Die Klimaveränderung sowie die steigende sommerliche Hitze führt zu Beeinträchtigungen der Lebensqualität und des Wohlbefindens der Bevölkerung bis hin zu gesundheitlichen Folgen, insbesondere für vulnerable Bevölkerungsgruppen, wie ältere bzw. hochbetagte Menschen aber auch kranke Menschen und Menschen am Lebensende. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, der verdichteten Städte und den Urban Heat Island-Phänomenen braucht es also neue Wege und Lösungsansätze zur Steigerung der Lebensqualität und des Lebens- und Wohnkomforts– gerade für vulnerable Bevölkerungsgruppen. Daher beschäftigt sich das Projekt „GREEN: Cool & Care“ mit innovativen Begrünungslösungen und zeigt Wege zu einer Optimierung von mikroklimawirksamen Maßnahmen und Handlungsfelder für die Wohn- und Pflegeheime von Morgen auf und ist ein Leuchtturmprojekt für das Zusammenspiel von technischen mit sozialen Innovationen.

Grün- und Freiräume können einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Adaptionsfähigkeit und Resilienz der städtischen Systeme leisten. Grünflächen und -strukturen vermindern die Wärmespeicherung versiegelter Oberflächen und tragen zur Erhöhung der Verdunstung und einer daraus resultierenden Abkühlung bei. Grün- und Freiräume sichern die Biodiversität von Fauna und Flora und tragen zu einer verbesserten Luftreinigung bei. Sie ermöglichen die Wasserinfiltration und wirken so Hochwasserereignissen entgegen.

Die positiven Eigenschaften von Gebäudebegrünung sind – von der naturwissenschaftlichen Seite her – bekannt: Pflanzen produzieren Sauerstoff, binden Schadstoffe bis hin zu Feinstaub, kühlen das Mikroklima ihrer Umgebung an heißen Tagen und regulieren die Luftfeuchtigkeit.

Die positiven Wirkungen von Gebäudebegrünungen auf NutzerInnen und BewohnerInnen zeigen sich vor allem in folgenden Bereichen: Begrünungen wirken durch die Reduktion an direkter und indirekter Strahlungsenergie sowie durch die Erhöhung der Luftfeuchte dem thermophysiologischen Stress, dem Menschen im Sommer in urbanen Hitzeinseln ausgesetzt sind, entgegen. In begrünter Umgebung wird die Akustik verbessert, da die Nachhallzeit durch die Bepflanzung von Bauteilen reduziert wird. Das bezieht sich sowohl auf Innen- als auch auf Außenraumbegrünung.

Die positiven Wirkungen von Gebäudebegrünungen auf NutzerInnen und BewohnerInnen zeigen sich vor allem in folgenden Bereichen: Begrünungen wirken durch die Reduktion an direkter und indirekter Strahlungsenergie sowie durch die Erhöhung der Luftfeuchte dem thermophysiologischen Stress, dem Menschen im Sommer in urbanen Hitzeinseln ausgesetzt sind, entgegen. In begrünter Umgebung wird die Akustik verbessert und die CO2- Staub reduziert wird. Das bezieht sich sowohl auf Innen- als auch auf Außenraumbegrünung. Innenraumbegrünung reguliert die Luftfeuchtigkeit und erhöht somit bei trockener Umgebung Feuchtigkeit im Winter die Raumluftfeuchte, um das Wohlbefinden im Raum zu steigern.

„Green care farms“ im Pflegealltag

Wie sowohl wissenschaftliche Untersuchungen als auch Umsetzungsprojekte in Europa, insbesondere den Niederlanden, Norwegen und Frankreich zeigen, gewinnen „green care“ Bewegungen und Initiativen mit unterschiedlichen Konzepten an Bedeutung. „Green care farms“ beispielsweise kombinieren Pflegeaktivitäten mit gärtnerischen oder landwirtschaftlichen Tätigkeiten, die zu einer Erhöhung der Teilhabe und dem Wohlbefinden führen können (z.B. de Boer et al. 2017). Die Idee dieser kleinräumigen Angebote ist es, dass ältere Menschen oder Menschen mit Demenz so weit wie möglich in die Aktivitäten des täglichen Lebens mit einbezogen werden und darüber hinaus durch die physische Umwelt wie Pflanzen aber auch Tiere dazu angeregt werden, ihre Fähigkeiten einzubringen und teil zu nehmen. Es zeigen sich dadurch positive Wirkungen auf unterschiedlichen Ebenen wie z.B. Verhalten, Medikation oder Emotionen bei Menschen mit Demenz (Whear et al. 2014, Bruin et al. 2015, de Boer et al. 2017).

Das Projekt „GREEN: Cool & Care“ in welchem wir vier Pflege- und Betreuungszentren in Niederösterreich begrünen, beschäftigt sich im Detail mit den Grün- Innen- und Freiräumen sowie weiteren Potenzialflächen für innovative und passgenaue Begrünungslösungen an den Demonstrationsstandorten.

Breite Projektziele – von der ökologischen und therapeutischen Wirkung von Gebäudebegrünungen bis zu Begrünungspotenzialen

Die Wirkungen von Gebäudebegrünungen sind aus stadtökologischer Hinsicht bestens aber aus bauphysikalischer, gebäudebezogener sowie sozialer und nutzungsorientierten Perspektive nur in Ansätzen erforscht. Gänzlich unerforscht sind die Wirkung von Innenraumbegrünung in Räumen mit maschineller Luftbefeuchtung und die Wirkungen, die vertikale Gebäudebegrünungen im Innenraum sowie passgenaue Begrünungslösungen für BewohnerInnen und Pflegekräfte von Wohn- und Pflegeheimen haben. Weiters gibt es kaum Erfahrungen, wie die heterogenen Gruppen von vulnerablen Personen, die in den Wohn- und Pflegeheime leben, wie ältere bzw. hochbetagte Menschen oder psychisch kranke Menschen in den Prozess der Grünraum- und Pflanzen-Pflege, im Sinne eines „Grünen Empowerment“ und „grüner Co-Creation“ bestmöglich in den Grünpflege-Prozess eingebunden werden können. Dieser Fragestellung widmet sich das Projekt „GREEN: Cool & Care“ und generiert hier sowohl technische als auch soziale Innovationen.

Die ersten Anwendungen wurden schon installiert. Die partizipative Nutzung und Erforschung läuft gerade. Die ersten Rückmeldungen/Beobachtungen sind äußerst positiv.

Die Projektziele sind aber sehr breit wie z.B. Erarbeitung von Ansätzen, wie „Begrünungspotenziale“ Teil der Alltagskultur in Wohn- und Pflegeheimen werden können: Ansätze zu mikroklimawirksamen Begrünungen und Gestaltungen in den Wohn- und Pflegeheimen zur aktiven Einbeziehung umweltbezogener Anliegen (Klimawandel, Leistungen von Pflanzen) in den Alltag der BewohnerInnen und Pflegekräfte; Einbezug des Wissens der BewohnerInnen, Einbeziehen der BewohnerInnen in die Grünpflege – jeweils unter Berücksichtigung der Diversitätskategorien Geschlecht, Alter, physische und psychische Fähigkeiten oder auch Entwicklung von angepassten Grün-Systemlösungen für Wände in Innenräumen sowie passgenaue individuelle Lösungen für Dachterrassen, Balkone, Eingangsbereich, Mobile Lösungen für Grün in den Zimmern.  Es werden unbedenkliche und auch essbare Pflanzen verwendet, verträgliche Substrate (Hygieneverordnung), die bestehenden begrünungs-Systeme adaptiert im Hinblick auf Barrierefreiheit sowie eine alters- und demenzgerechte Bauweise, neue mobile Begrünungslösungen entwickelt etc.  

Vor dem Hintergrund der therapeutischen Wirkungen sowohl der Beteiligung bei der Arbeit mit Pflanzen und beim “Garteln“ als auch des direkten positiven Einflusses von Grünpflanzen und Grünräumen für das Wohlbefinden und die Gesundheit von alten, kranken und sterbenden Personen, sowie Menschen mit Behinderungen, werden in einem partizipativen Zugang Betroffene in die Entwicklung der Begrünung mit einbezogen werden. Nur darüber kann sichergestellt werden, dass die Maßnahmen, die dem Wohl der BewohnerInnen dienen sollen, dies auch tatsächlich erwirken können. Darüber hinaus sind mögliche Widerstände in der Umsetzung der Begrünung herauszuarbeiten und konstruktiv aufzunehmen-das erfolgt über Befragungen von Projektpartner Uni Wien, Pflegewissenschaft Abteilung. Der Einfluss der Begrünungen auf das Mikroklima wird mit aufwändigem Monitoring der TU Wien begleitet wo diverse technische Parameter, wie CO2-Konzentration, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Schimmelpilzbildung, Luftschadstoffe, Staubbelastung, Variation der Pflanzen, Schallpegel sowie Nachhallzeit untersucht werden. Daraus erfolgt z.B. Ausarbeitung der Unterschiede bezüglich Behaglichkeitsbereiche verglichen mit Jüngeren (Standard) Personen und vieles mehr.

Ergebnisse dieses Projektes sollen als Grundlage und auch Motivation für weitere Pflegeeinrichtungen in Österreich dienen.

Der interdisziplinäre Zugang im Projekt mit WissenschaftlerInnen aus den Bereichen Bauphysik, Bauökologie, Landschaftsplanung, Vegetationstechnik, Sozial- und Pflegewissenschaften sowie Stakeholdern und Erhalter und Träger von Wohn- und Pflegeheimen bilden die Muli-Funktionalität des Projektes ab.

Weitere Informationen:
Projekt „GREEN: Cool & Care“
Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Azra Korjenic
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Projekt „Greening UP!“ Grünwandpflege
Dipl.-Ing. Ralf Dopheide
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Gabriele Tupy
imzusammenspiel kommunikationsmanagement
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