Artikelbild Innovative Ansätze von Gewaltprävention im Langzeitpflegebereich

von Doris Bayerl

Die vorgestellte Arbeit beschäftigt sich aufgrund der Breite des Themas mit Gewalt, die von Mitarbeitenden gegen Bewohner und Bewohnerinnen gerichtet ist - wohlwissend, dass auch Pflegekräfte immer häufiger gewalttätigen Übergriffen durch BewohnerInnen ausgesetzt sein können.

Es gibt keine gesicherten Daten über die Häufigkeit von Gewalt an alten Menschen, allerdings ist die Dunkelziffer vermutlich hoch, weil viele Handlungen und Vorkommnisse von Pflegenden nicht als Gewalt oder Machtmissbrauch betrachtet werden. Macht und Gewalt in der Langzeitpflege haben viele Gesichter - Gewalt fängt nicht erst bei direkten körperlichen Übergriffen an. Wann und ob Handlungen oder „Nicht-Handlungen“ als Gewalt erlebt werden, ist unterschiedlich. Ebenso vielschichtig sind die Gründe des gewalttätigen Handelns. Dennoch hat das Thema Gewalt in vielen Organisationen keinen oder kaum Platz. Wie Studien in vergangenen Jahren gezeigt haben, wird der Prävention in den Unternehmen wenig Bedeutung beigemessen, sondern meistens nur einzelne Handlungsfelder festgelegt oder diesbezügliche Maßnahmen vermutlich eher halbherzig umgesetzt.

Die Arbeit geht daher folgenden Fragen nach:

  1. Was sind die zentralen Inhalte, die ein Gewaltpräventionskonzept für die Langzeitpflege enthalten muss, um wirksam zu werden?
  2. Welche strukturellen Faktoren muss die Organisation beachten, um Gewaltauslöser zu minimieren?

Da es sich hierbei um ein Thema handelt, das nicht nur von MitarbeiterInnen, sondern auch Führungskräften aus Einrichtungen der Langzeitpflege häufig negiert und nicht gerne offen     besprochen wird, wurden die Ergebnisse durch Dokumentenanalysen und Expertengespräche entwickelt.
Ein Gewaltpräventionskonzept sollte demnach aus folgenden Bausteinen bestehen:

  • Zentraler Ausgangspunkt für Interventionen zur Gewaltprävention ist in erster Linie die Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt selbst. Es darf kein Tabuthema in der Kultur einer Organisation sein.
  • Die Führungskraft ist maßgeblich für die Unternehmenskultur verantwortlich. Dem Führungsverhalten kommt gerade in der Gewaltprävention eine bedeutende Rolle zu. Führungskräfte müssen nicht nur Vorbild sein, sondern Rahmenbedingungen schaffen, damit MitarbeiterInnen gut arbeiten können. Skepsis herrscht bei den Experten gegenüber Richtlinien für den Umgang mit Gewalt, denn sie werden nur dann umgesetzt, wenn die Voraussetzungen in der Kultur und im Führungsverhalten gegeben sind.
  • Selbstreflexion ist in der Gewaltprävention besonders zielführend, wenn es darum geht, eigene Verhaltensweisen zu erspüren und im Umgang mit schwierigen Situationen zu trainieren. Dies ist gerade deshalb wichtig, um Gewalt als solche überhaupt erst zu erkennen.
    Selbstreflexion und Selbsterfahrung spielen neben dem theoretischen Wissen über Gewalt eine wesentliche Rolle in der Fort- und Weiterbildung.
  • Bei Mitarbeiterschulungen muss der Schwerpunkt auf den Praxisbezug gelegt werden um die notwenige Haltung zu erzeugen, die Gewalt erkennt und eigene Handlungsweisen sichtbar macht.  

 

Neben den beschriebenen Einflussfaktoren auf der individuellen und der Mikroebene spielen auch strukturelle Faktoren für die Gewaltprävention eine Rolle: Ein Gewaltpotenzial wird in der geringen Wertschätzung des Berufs und der damit verbundenen Ressourcenausstattung gesehen. Manches liegt aber durchaus in der Macht des Unternehmens selbst: starre Zeit- oder Ablaufpläne, fehlende Arbeitsmittel und zu wenig Rückzugsmöglichkeiten bergen Potenzial für Gewalt. Dies zu ändern liegt durchaus in der Macht des Unternehmens. Hier ist einmal mehr die Führung gefragt, die nötige Unterstützung zu bieten und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.


Doris Bayerl MBA
Direktorin und Leiterin in der Pflege und Betreuung im Pflege- und Betreuungszentrum Wilhelmsburg
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Doris Bayerl verfasste die Studie als Master Thesis im Rahmen des Masterstudiums „Management Sozialer Innovationen“ an der Akademie für Sozialmanagement in Wien.

Das Team des PBZ Wilhelmsburg erhielt 2019 für das umgesetzte Gewaltpräventionsprojekt den „Teleios“, Preis für Innovation, Qualität und Nachhaltigkeit in der Österreichischen Altenpflege.

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