von Harald Ringer

Eine Zeitreise durch die COVID 19 Wochen

Ende Februar und Anfang März 2020 gab es noch sehr widersprüchliche Aussagen über Covid 19, dessen Übertragbarkeit, Wirkung und vor allem Auswirkung auf unser alltägliches Leben ließen sich nur erahnen.

Bis 13. März 2020 beschränkte die Leitung des Seniorenheimes die Maßnahmen auf die behördlichen Vorgaben. Es galt die Normalität und Freiheit der Bewohner*innen zu sehr einzuschränken. Bereits davor wurde mit einer erhöhten Hygiene gearbeitet, die Desinfektion verstärkt und mit identen Maßnahmen wie bei Noro-Viren Verdachtsfällen begonnen. Mitarbeiter*innen mussten bekannt geben, ob sie in den letzten 14 Tagen aus einem der genannten Risiko-Gebiete gekommen sind, bei entsprechenden Symptomen musste sie zu Hause bleiben.

Beginnend mit Donnerstag, den 12.03.2020 wurde der Zutritt in das Heim für Nicht-Bewohner*innen, ehrenamtliche Mitarbeiter*innen und Mittagstisch-Besucher*innen eingeschränkt und ab 13.03.2020, 13 Uhr, untersagt.

Beginnend mit Sonntag, den 15.03.2020 war es den Bewohner*innen auch nicht mehr gestattet, das Seniorenheim zu verlassen. Das Seniorenheim Wörgl befand sich in Voll-Quarantäne.

Was bedeutete dies?

  • Die Bewohner*innen konnten keinen Besuch mehr erhalten.
  • Die Unterstützung der ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen kam komplett zum Erliegen.
  • Das offene Haus war nunmehr geschlossen, es gab keine Begegnungszonen/zeiten mehr.
  • Keine generationsübergreifenden Aktionen, Veranstaltungen, Kontakte.
  • Der Aufenthalt im Freien war von einem Tag auf den anderen auf die Balkone und Terrassen beschränkt.
  • Sorgen und Ängste entstanden, sowohl bei den Bewohner*innen als auch bei den Mitarbeiter*innen. Bei Letzteren immer im Hinterkopf, hoffentlich nicht jene zu sein, die als Patientin 0 für eine Infektion im Haus sorgt.
  • Neue Abläufe und Strukturen mussten gefunden werden.
  • Wie können wir uns schützen – wo bekommen wir die Ausrüstung dazu?

Hinter alldem stand die zentrale Frage: Wie können wir für die Bewohner*innen unter diesen Umständen eine ‚Normalität‘ im Haus schaffen?

Eine Zeitreise durch die COVID 19 Wochen im Seniorenheim Wörgl

Bereits am ersten Wochenende bildeten sich neue Gruppen. Bewohner*innen setzten sich  zusammen und verbrachten das Wochenende ohne Besucher*innen – eine neue Herausforderung für das Personal die Bewohner*innen zu motivieren.
Bewohner*innen setzten Topfpflanzen und waren mit Begeisterung dabei.
Ein neues Spiel – Polo – wurde mit Bewohner*innen gebastelt und sofort ausprobiert.
Wir erhielten laufend Lebensmittel von Betrieben geschenkt – unsere Lagerräume füllten sich.
Beinahe zur gleichen Zeit begann die Maskenproduktion im Haus – bis zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, Masken zu bekommen. Anleitungen zum Nähen von Masken wurden über Facebook geteilt.       
Das Personal musste untereinander Abstand halten. Die Aufenthaltsräume wurden gesperrt, eine Maskenpflicht im Kontakt mit den Bewohner*innen eingeführt, Besprechungen nur mehr im kleinen Rahmen und in großen Räumen mit mindestens 3 Meter Abstand gehalten. Eine komplett neue Situation für unsere Mitarbeiter*innen.

Damit unsere Bewohner*innen im Freien einen kontaktlosen Spaziergang machen konnten, wurde der Seniorenheimpark großräumig abgesperrt.
Zuerst war der Kontakt mit den Angehörigen nur telefonisch möglich. Bald führten wir Skype und Videotelefonie über WhatsApp ein.
Die Geburtstagsfeier mit unseren Bewohner*innen fanden nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Gewohnt feierlich blieben sie trotzdem!
Bewohner*innen mussten keinen Abstand zueinander einhalten, lange genug waren sie bereits in Quarantäne. Wir mussten sie vor uns schützen. Trotzdem sorgten wir für möglichst viel Abwechslung: neue Decken, Kuchen backen, kochen und kleine Ausflüge in den Park machen. Sie prägten den neuen Alltag.

Ostern stand vor der Tür, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Das bunte Blumenmeer, das wir als Geschenk für unsere Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen erhielten, wird uns ebenfalls dauerhaft in Erinnerung bleiben. Eine LKW-Ladung voll Blumenfreude ergoss sich über das ganze Haus. Palmbrezen wurden gebacken und Palmbuschen gebunden. Der Palmsonntag stand vor der Tür und es gab einiges zu tun.  Wir schickten Ostergrüße an die Außenwelt – per Facebook und auch mittels Instagram konnte man den Aktivitäten im Haus erstmals folgen! Die Gottesdienste vom Palmsonntag und Ostersonntag wurden über die Bildschirme in den Wohnbereichen übertragen, unsere Bewohner*innen mitfeiern. Ostern einmal ganz anders.
Statt des gewohnten Gottesdienstes am Montag am Nachmittag, wurde von einer Bewohnerin nun jeden Montag ein Rosenkranzgebet in der Kapelle angeboten und ein geschulter Bewohner konnte die Kommunion im Haus verteilen.Warum immer nur Masken nähen? Auch Schürzen werden in Zeiten des Covid 19 gebraucht und  so entstand unsere Nähstube!
Aus der Isolation sendeten wir Grüße an die Außenwelt – mit Glückwünschen und Durchhalte-Parolen. Eine gelungene Abwechslung und Freude für unsere Bewohner*innen.
Immer wichtiger wurde der Aufenthalt im Park. Viele Verdauungsspaziergänge haben sich inzwischen etabliert.

Am 15.04.2020 begann eine Komplett-Testung aller Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen auf Covid-19. Am 17.04.2020 die uns alle erleichternde Nachricht: Alle 221 am Mittwoch getesteten Personen sind Covid-19 negativ! Unser Eiswagen wurde mit den Lieblingssorten unserer Bewohner*innen befüllt und das Eis im Seniorenheimpark in vollen Zügen genossen!
Regelmäßig pressen wir in den Wohnbereichen auch gemeinsam frische Obst- und Gemüsesäfte.  Therapiehund Ares sorgt für nette, unterhaltsame Augenblicke.
Die Muttertags-Vorbereitungen starteten,  um die Feier in gemütlicher Atmosphäre genießen zu können.
Unser eigener Maibaum wurde aufgestellt und auch ein kleines Maifest abgehalten – mit flotter Musik aus der Box und köstlichem Eierlikör. Alle freuten sich und genossen den sonnigen Tag.

Mit 1. Mai 2020 wurde die Ausgangssperre gelockert. Ab 4. Mai 2020 standen unsere Bewohner*innen nicht mehr unter Quarantäne. Endlich ein großer Schritt zurück in die Normalität! Besucher*innen, Angehörige und ehrenamtliche Helfer*innen durften wieder ins Haus und Heimbewohner*innen wieder hinaus – wenn auch nur unter bestimmten Regeln und Maßnahmen.
Und wieder kamen neue Herausforde-
rungen auf uns zu.

Was bedeutete diese neue ‚Freiheit‘?

  • Angebote von Dritten im Heim: Friseur, Fußpflege, Wartungs- und Inspektionsarbeiten, Physiotherapie kamen wieder ins Haus – generell mit den Hygienemaßnahmen gekoppelt (Mund-Nasenschutz, Händedesinfektion, ablegen der Straßenoberbekleidung)
  • Neue Besuchsregelungen: Besuch von maximal zwei Angehörigen je mobiler Bewohner*in, im Zimmer ein Angehöriger. Hygienemaßnahmen: Mund-Nasenschutz, Abstandsregeln, Händeschütteln und Umarmungen vermeiden. Kein Besuch von Kindern unter 6 Jahren. Besucher*innen wurden am Haupteingang empfangen, namentlich erfasst, ihre Temperatur gemessen und die Hände desinfiziert. Journaldienst an den Wochenenden.
    Besuchs-Abwicklung: telefonische Terminvereinbarung von maximal 50 Minuten zwischen 13:00 – 17:00 Uhr. Im Erdgeschoss wurde eine Besucherzone eingerichtet, auch die Terrasse und der Garten konnte genutzt werden.
    Besucherintervalle: für jeweils vier Bewohner*innen im EG und im Außenbereich,
    Besuche für immobile Bewohner*innen waren im Zimmer möglich. Auch im  
    Besprechungszimmer gab es die Möglichkeit sich zu sehen, ein Plexiglasfenster wurde eingebaut. Das Personal brachte und holte die Bewohner*innen zu den Besucher*innen.
  • Ausgangsregelungen für Bewohner*innen: selbständige Bewohner*innen durften das Haus mit Mund-Nasenschutz wieder verlassen. Die Ehrenamts-Koordinatorin bot Unterstützung an, Bewohner*innen zu begleiten. Gekoppelt an die Hygienemaßnahmen: Mund-Nasenschutz, Unterstützung im Geschäft, Abstandsregeln.
  • Sonstiges Organisatorisches: es wurde bei allen Bewohner*innen täglich Fieber gemessen und dokumentiert. In den Besucherzone wurden Tische mit Abstand aufgestellt. In den Räumen wurde regelmäßig gelüftet, Tische und Stühle wurden desinfiziert. Eine tägliche Terminliste ging an die Wohnbereiche und Therapie.

Die Zeitreise geht weiter………

Während die Besucherzone im Erdgeschoss eingerichtet wurde, lief das Telefon bereits heiß, um erste Termine auszumachen. Die Freude war groß und die Besuche wurden genossen. Mitarbeiter*innen brachten die Bewohner*innen ins Erdgeschoss und holten sie auch wieder ab. Ab sofort verließen Bewohner*innen auch wieder das Haus.  
Am Donnerstag, den 07.05.2020 und Freitag, den 08.05.2020 wurden nochmals alle Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen durch unser diplomiertes Personal auf Covid-19 getestet. Da war organisatorisch ganz schön was zu tun.
 
Das Haus-Café wurde ab Freitag, den 15.05.2020 wieder täglich für Bewohner*innen und Besucher*innen geöffnet.  
Am 18.05.2020 fand der erster Ausflug zum Gasthof Köfler statt. Die Freude war riesig und die Ausflügler genossen ihn in vollen Zügen.   
Am 08.06.2020 wurde die erste Rollstuhlmesse abgehalten – musikalisch umrahmt vom „Brandenberger Duo Arnzberger“. Anschließend gab es einen schönen Ausklang bei Kaffee und Kuchen. Ehrenamtliche Helferinnen sorgten für einen reibungslosen Ablauf und alle waren froh, dass sie wieder da sind.
Am Montag, den 15.06.2020 fand erstmals wieder der offene Mittagstisch statt. Die Freude im Haus war groß und das Essen schmeckte vorzüglich.  

Weitere Lockerungen im Seniorenheim – Weitere Schritte  zur Normalität

Aktuelle Maßnahmen und Änderungen im Zusammenhang mit Covid 19, gültig mit 15.06.2020.

Was bedeutete dies für das Seniorenwohnheim Wörgl?

  1. Generelle Hygiene-Richtlinien
  • Mund–Nasenschutz bleibt aufrecht bei bewohnernahen Tätigkeiten
  • Weiterhin laufende Händedesinfektion
  • Händedesinfektion beim Betreten des Gebäudes.
  • Tägliche Temperatur-Messung bei Bewohner*innen bleibt aufrecht
  • Oberflächendesinfektion im verstärkten Ausmaß bleibt aufrecht 
     

    2. Besuchsregeln

  • Besuchszeiten von 10:00 – 11:00 Uhr und von 13:00 -17:00, diese bleiben beschränkt, damit die Kontakte im Rahmen bleiben.
  • Das Erdgeschoss sowie der Park gelten als Begegnungs- und Besucherzone
  • Besuch Wohnbereich nur in Ausnahmefällen
  • Terminvereinbarung nur mehr für nicht selbständige Bewohner*innen wegen der Begleitung ins EG. Terminvergabe direkt mit der zuständigen Wohnbereichsleitung bzw. beim Empfang.
  • Besucherregeln:
    - 2 Angehörige pro Besuch
    - Mund-Nasenschutz ist vorgeschrieben
    - Bei Symptomen darf man das Haus nicht betreten  

    3. Regeln für den offenen Mittagstisch

  • Beginn ab 11:45 Uhr
  • Suppe und Hauptspeise werden serviert
  • Für Salat, Kaffee und Nachspeise steht ein Selbstbedienungsbereich zur Verfügung
  • Mittagessen ausschließlich im Haus-Café und in der Loggia
  • Tragen des Mund-Nasenschutzes und Händedesinfektion
  • Pro Tisch dürfen 4 Personen sitzen

    4. Haus-Café

  • Öffnungszeiten täglich von 13:00 – 17:00
  • 4 Personen pro Tisch
  • Anzahl der Tische bleibt begrenzt, um den Mindestabstand einzuhalten

    5. Spielenachmittag

  • Spielenachmittag wieder seit 18.06.2020 für externe Personen offen

    6. Aufenthaltsräume Mitarbeiter

  • Aufenthaltsräume im EG für Personal wieder offen
  • Raucherraum gleichzeitig 4 Personen
  • Mitarbeiter-Küche gleichzeitig 4 Personen

    7. Gottesdienste

  • Gottesdienst findet wieder in der Kapelle statt, aufgrund der überschaubaren Teilnehmerzahl

Alle Maßnahmen und Änderungen wurden überall gut beschildert und auch  ein zusätzlicher Händedesinfektionsspender wurde im Gangbereich Ost angebracht.


Harald Ringer
Heimleiter im Seniorenheim Wörgl
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