Artikelbild Auch Pflegepersonal hat eine Würde

von Jakob Kabas

Presseaussendung des Landesverbandes Altenpflege Steiermark bezugnehmend auf Aussagen von Frau Mag. Claudia Landkammer, Bewohnervertretung,

zur vermuteten Situation in Steirischen Pflegeheimen

„Die mit der Pflege oder Betreuung betrauten Menschen sind zu diesem Zweck besonders zu unterstützen.“ Dieser Satz aus dem Heimaufenthaltsgesetz ist keine Randbemerkung, sondern steht im § 1 unter dem Titel „Schutz der persönlichen Freiheit“. Damit ist wohl gemeint, dass niemand tun und lassen kann, was er oder sie will, weder die Menschen in der Pflege, noch jene, die mit dem Vollzug und der Kontrolle des Gesetzes betraut sind. Die Menschen, die in der Pflege arbeiten, sind somit mit dem Würdebegriff des Gesetzes mitgemeint!

Der Gesetzgeber hatte offensichtlich in der Intention des Gesetzes ein umfassenderes und würdevolleres Verständnis für die Komplexität von Pflege- und Betreuungszusammenhängen, als jene, die unreflektiert und unverhältnismäßig zum Halali auf die Pflegeeinrichtungen blasen, wie aktuell einzelne führende Vertreterinnen der Bewohnervertretung. Deutlich wird das umfassende Verständnis in der Genese des Gesetzes vor allem auch darin, dass der Gesetzgeber hier nicht „sollte“ oder „könnte“ sondern ausdrücklich SIND besonders zu unterstützen und nicht SIND besonders zu verfolgen, im öffentlichen Vertrauen zu untergraben oder pauschal zu verdächtigen schreibt.

Es ist schwer, in einem komplexen Gefüge von Beziehungen, Abhängigkeiten, Ungewissheit, Verlässlichkeit, Vertrauen und geschürter Glutnester der Angst immer einen klaren Kopf zu bewahren. An die frische Luft zu gehen, um einen klaren Kopf zu bekommen, war ja selbst zu Zeiten des Lock Downs möglich. Das Vertreten der Füße kann dem Vertreten von Interessen gut tun! Es hätte führenden Bewohnervertreterinnen genug Raum geschaffen, sich in den Empfehlungsreigen für die Umsetzung von COVID-19 Paketen vor dem Hintergrund des Heimaufenthaltsgesetzes einzubringen. Wenn ich die Berichterstattung der letzten Tage verfolge, dürften es einzelne Bewohnervertreterinnen aber vorgezogen haben, auf den Lichtungen der Paragraphenwälder die Pflegeeinrichtungen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Visier zu nehmen, um sie in der Morgendämmerung der Krise einmal medial anzuschießen.

Wir sind dankbar dafür, dass es seit 8 Wochen eine Vielzahl von Bewohnerinnen und Angehörigen gibt, die ein reflektiertes Verständnis für ein schutzbedürftiges Miteinander aller im System „Pflegeheim“ lebenden und arbeitenden Menschen haben. Sie sehen darin KEINE Einschränkung ihrer Freiheit gemäß §3 Abs 2 des Gesetzes, sondern einen ihnen möglichen Beitrag zur Bewältigung der Krise. Man könnte einen Rückgang an Meldungen auch als Erfolg des Gesetzes und all jener, die gewissenhaft daran und damit arbeiten sehen. Jemand, der wie Frau Mag. Claudia Landkammer im ORF prominent medial suggeriert, ein Rückgang an Meldungen ließe auf unverhältnismäßig viele rechtswidrige Handlungen schließen, weißt eine Symptomatik des Corona-Virus auf, die in der Lage ist, Beziehungen nachhaltig zu schädigen und der momentan noch zu wenig Beachtung geschenkt wird: Misstrauen.

Wir sehen das Heimaufenthaltsgesetz immer als Grundsicherung der Würde des Menschen und als wichtige Rechtsgrundlage zum Aufbau gegenseitigen Vertrauens. Dem Gesetzgeber dürfte dies auch ein Anliegen gewesen sein, wenn er im Vollzug des Gesetzes im § 8 ausdrücklich Personen verlangt, die auf die besonderen Verhältnisse im Pflegebereich geschult sind. Im Kontext der Besuchsregelungen Aussagen über den Personaleinsatz zu machen, ist vor dem realen Hintergrund, dass auch nur eine Infektion eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern behördlich absondert, unverhältnismäßig anmaßend und unprofessionell im Sinne des oben zitierten Paragraphen. Absonderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern können nämlich nicht nur Besuche gefährden, sondern die Erfüllung der Grundversorgung. Ich weiß nicht, ob sich dann auch Korridorzüge mit Pflegepersonal in Richtung Pflegeheime bewegen.

Wir laden jedenfalls dazu ein, das Fernrohr wegzulegen, um in die Nahaufnahme zu gehen. Dafür waren jedenfalls die Pflegeeinrichtungen unter Einhaltung der erforderlichen Schutzmaßnahmen immer offen. Bleibt die Frage, warum die Bewohnervertretungen sich hier am Beginn der Krise freiwillig eingeschränkt und damit eine Möglichkeit eines Austausches von den ersten Momenten an nicht genützt haben?


Jakob Kabas, MBA
Obmann Landesverband Altenpflege Steiermark
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