Wien, 26. April 2015 - Der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs lädt zum Dialog ein
Anstatt skandalisierender Vorwürfe gegen Alten- und Pflegeheime, die BewohnerInnen, Angehörige, MitarbeiterInnen und die Öffentlichkeit verunsichern,
strengt „Lebenswelt Heim“, der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs nun einen breit angelegten öffentlichen Dialog an. In vielen Punkten ist Österreichs Altenpflege vorbildlich und wegweisend in Europa. Probleme müssen offen angesprochen und diskutiert werden, um sie einer Lösung zuführen zu können.
„Wir haben nichts zu verbergen“, so Markus Mattersberger, Präsident des Bundesverbandes der Alten- und Pflegeheime Österreichs und lädt zum Dialog ein. Die derzeitigen Angriffe der Volksanwaltschaft gegen die Alten- und Pflegeheime ärgern den Verband jedoch sehr. „Es geht um die Art und Weise, wie uns z.B. unterstellt wird, dass Pflegepersonal eigenmächtig und willkürlich Psychopharmaka verabreiche. Das stimmt so nicht – das ist ein Vorwurf einer strafrechtlich relevanten Handlung in breiter Basis, dies weisen wir entschieden zurück! Eine Skandalisierung der Heime hilft niemandem, im Gegenteil: unsere BewohnerInnen und deren Angehörige wie auch die Öffentlichkeit und unsere MitarbeiterInnen wurden dadurch massiv verunsichert. In vielen Punkten ist Österreichs Altenpflege wegweisend in Europa. Besonders stolz sind wir auf das Nationale Qualitätszertifikat (NQZ), das wir als Verband auch initiiert haben, und das eine hohe Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner in unseren Heimen zum Ziel hat “ (www.nqz-austria.at).
Zwei neue Gesetze für ein Mehr an Lebensqualität und zur Förderung der Menschenrechte
Das Jahr 2012 hat zwei bedeutende Gesetze für die Pflegeheime in Österreich gebracht: zum einen das im Bundes-Seniorengesetz verankerte Nationale Qualitätszertifikat „NQZ“, zum anderen das „OPCAT-Durchführungsgesetz“ mit der UN-Menschenrechtskonvention. Seither führt die Volksanwaltschaft mit ihren Kommissionen Kontrollbesuche in Einrichtungen durch, in denen es zu Freiheitsentzug kommen kann. Ziel ist der Schutz zur Förderung der Menschenrechte. „Wir bestreiten nicht, dass der Einsatz von Psychopharmaka in Pflegeheimen optimiert werden kann – wobei zwei Studien gravierend unterschiedliche Zahlen aufweisen: die Volksanwaltschaft zitiert eine Studie, wonach 2/3 unserer BewohnerInnen Psychopharmaka erhalten, eine Studie in der Zeitschrift „clinicum neuropsy“ berichtet von 41%. Diese Zahlen und v. a. die Situation vor Ort wird man sich genau ansehen müssen“, so Mattersberger. Zudem sagt alleine der Umstand, dass Psychopharmaka verordnet werden nichts aus – es ist die Frage, ob die Verordnung einen therapeutischen Zweck verfolgt oder rein der Sedierung dient. Der Anteil von Bewohnerinnen und Bewohnern mit dementiellen Symptomen oder psychiatrischen Krankheiten hat im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen, dass deshalb auch die Gabe von Psychopharmaka häufiger wird, erscheint plausibel. „Nachvollziehbar ist auch, dass mehr Aufmerksamkeit und mehr Zuwendung der Schlüssel im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen ist, dann bestehen gute Chancen, den Einsatz von Psychopharmaka senken zu können – dazu sind jedoch Personalressourcen sowie eine optimierte Abstimmung mit den Hausärzten erforderlich“, Mattersberger weiter. Er weist darauf hin, dass auch im Staatenbericht der UNO nach der Behindertenkonvention ein Lösungsvorschlag aufzeigt wird, da es in Österreich weder der Betreuungsschlüssel noch die Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal und Ärzte erlauben, den Bedürfnissen der betreuten Menschen mit fachlicher Kompetenz sowie mit Zuwendung und Beistand zu entsprechen. „Daran müssen wir gemeinsam mit der Politik arbeiten“, so Mattersberger.
Wenn Pflege und Betreuung der alten Menschen in Österreich gut funktionieren soll …
… braucht es eine intensive Auseinandersetzung mit mehreren Themen. Um hier einige zu nennen:
- Das NQZ steht für eine hohe Lebensqualität der Menschen in den Heimen, es muss daher stark forciert werden.
- Die Bedingungen in den einzelnen Bundesländern sind sehr unterschiedlich, wobei wir auf sehr gute Beispiele zurückgreifen können aber auch Systeme mit Verbesserungsbedarf haben. Es braucht einheitliche Standards und eine Gesamtstrategie, wie auch der Rechnungshof zuletzt gefordert hat.
- Der Ausbau der stationären Langzeitpflege liegt in Österreich aktuell deutlich unter dem internationalen Schnitt (Platz 22 von 28 OECD-Staaten) und damit auch der Anteil, der in Pflegeheimen gepflegten Personen im Alter von 65+ (am niedrigsten in Europa, mit einem Anteil von unter 5%). Diese Zahlen sind mit Hinblick auf die demografische Entwicklung stark zu hinterfragen. Ebenso wie die fehlende bzw. minimalen Maßnahmen zur Qualitätssicherung in 24-Stunden-Betreuung, obgleich die öffentlichen Ausgaben in diesem Bereich enorm angestiegen sind.
- Eine deutliche Zunahme von BewohnerInnen mit kognitiven Störungen – Demenz ist für rund 50% der Heimaufnahmen verantwortlich – braucht eine besondere Auseinandersetzung mit dem Thema, Stichwort Demenzstrategie.
- Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Pflege- aber auch Sozialbetreuungsberufe, wie in der WIFO-Studie 2014 gefordert, sind unumgänglich. Zudem müssen die entsprechenden Kompetenzen für das geriatrische Setting in Ausbildungsverordnungen sowie Berufsrecht berücksichtigt werden.
- Es müssen Maßnahmen getroffen und Anreize geschaffen werden, zur Einbindung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen – diese stellen eine wertvolle Ressource dar, auch hier bestehen bereits sehr positive Beispiele.
- „Wir sind die Experten in der Altenpflege und laden alle Betroffenen, Interessensvertretungen, die Volksanwaltschaft, die Ärzte- und Apothekerkammer sowie die Politik zu einem öffentlichen Diskurs ein“, so Mattersberger, der die brennenden Fragen der Altenpflege als gesellschaftliche Herausforderung und Verantwortung sieht und diese in Österreich lösungsorientiert diskutieren will: Wie können wir ein Altern in Würde sicherstellen und welche Rahmenbedingungen sind hierfür erforderlich?
Über Lebenswelt Heim:
Lebenswelt Heim, der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs, ist ein gemeinnütziger Verein und verbindet seit 1994 unter seinem Dach ca. 850 LeiterInnen von Alten- und Pflegeheimen mit insgesamt rund 40.000 MitarbeiterInnen. Auf europäischer Ebene ist Lebenswelt Heim Mitglied der European Association for Directors of Residential Care Homes for the Elderly (E.D.E.).
Rückfragehinweis
Markus Mattersberger, MMSc MBA
Präsident Lebenswelt Heim, Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs
Tel: + 43 (0)1 585 15 90
Mobil: + 43 (0)676 444 40 34
E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.lebensweltheim.at
Gabriele Tupy
imzusammenspiel kommunikationsmanagement
Mobil: + 43 (0)699-100 277 40
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